Medizin

FDA stoppt Kinderstudien zu RSV-Impfstoffen

  • Freitag, 3. Januar 2025
/Blanscape, stock.adobe.com
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Silver Spring – Nach Komplikationen bei einer Verträglichkeitsstudie mit kleinen Kindern zu einem mRNA-Impfstoff gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) hat die US-Arzneimittelbehörde FDA die Notbremse gezogen.

Die Rekrutierung von Kindern unter 2 Jahren und von RSV-naiven Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren sei für alle klinischen Studien mit RSV-Impfstoffkandidaten ausgesetzt, schreibt die FDA in einer Stellungnahme von Mitte Dezember.

Einige Kandidaten mit abweichenden Mechanismen, beispielsweise attenuierte Lebendimpfstoffe, dürfen laut einem journalistischen Science-Text aber weiter beforscht werden. Einen zugelassenen aktiven RSV-Impfstoff für Kinder gibt es bislang nicht.

Zuvor hatte der Arzneimittelhersteller Moderna die Behörde darüber informiert, dass im Rahmen einer Phase-I-Studie ein Sicherheitssignal entdeckt worden war. So erkrankten geimpfte Säuglinge zwischen 5 und 7 Monaten häufiger schwer an RSV als Kinder der Placebogruppe. Insgesamt handelt es sich um 5 schwere Erkrankungsfälle bei 40 geimpften Kindern im Vergleich zu einem Fall bei 20 ungeimpften Kindern der Placebogruppe.

„Bei Säuglingen, die vor der Impfung noch keine RSV-Infektion durchgemacht haben und somit bezüglich RSV immunnaiv sind, kann es im Rahmen einer ersten Wildvirusinfektion offensichtlich zu einer vaccine-associated enhanced respiratory disease (VAERD) kommen, d.h. einem schwereren Krankheitsverlauf nach der Impfung“, teilte die Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) auf Anfrage mit.

Bislang ist aber noch nicht eindeutig verstanden, wie genau die VAERD zustande kommen. Aufgrund der sehr kleinen Fallzahlen in der Phase-1-Studie ist Experten zufolge auch nicht klar, ob es sich um echtes Sicherheits­signal handelt – oder um einen unglücklichen Zufall.

In der Moderna-Studie wurden die beiden Impfstoffe mRNA-1345 und mRNA-1365 an kleinen Kindern getestet. mRNA-1345 ist ein monovalenter Impfstoff nur gegen RSV, der unter dem Namen mResvia in der EU bereits für Erwachsene ab 60 Jahren zugelassen ist. mRNA-1365 ist ein Kombinationsimpfstoff gegen RSV und humanes Metapneumovirus (hMPV).

Deutsche Fachleute betonen, dass sich das Sicherheitssignal ausschließlich auf immunnaive Säuglinge (< 1 Jahr) beziehe. In Bezug auf die in Deutschland verfügbaren Impfungen und Immunisierungen gebe es „keinen Grund zu Verunsicherung“, sagte Tobias Tenenbaum, 1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, dem Deutschen Ärzteblatt.

Die DGKJ schreibt: „Bei Erwachsenen treten VAERD in den Studien nicht auf, dies ist aufgrund der fehlenden RSV-Naivität dieser Altersgruppen auch nicht zu erwarten.“ Die Vorkommnisse zeigten einmal mehr, „dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Studienergebnisse bei Erwachsenen lassen sich nicht ohne weiteres auf Kinder übertragen, Studienergebnisse bei Kindern aber auch nicht auf Erwachsene“.

In Deutschland sind derzeit drei RSV-Impfstoffe (Abrysvo/Pfizer; Arexvy/GlaxoSmithKline; mResvia/Moderna) für Menschen ab 60 Jahren zugelassen. Einer davon (Abrysvo/Pfizer) ist auch für die Verwendung bei schwangeren Personen zum Schutz des Säuglings zugelassen.

Zudem gibt es mit dem Antikörper Nirsevimab (Beyfortus/Sanofi) eine passive Immunisierung, die von der Stän­digen Impfkommission (STIKO) für alle Neugeborenen und Säuglinge empfohlen wird, um sie während ihrer ersten RSV-Saison vor schweren Atemwegserkrankungen zu schützen.

Die von der STIKO empfohlenen aktiven Impfstoffe sowie die passive Immunpropyhlaxe zeigten in großen Studien ein sehr gutes Sicherheitsprofil, so dass deren Einsatz weiter empfohlen werden könne, so Tenenbaum.

Ein Großteil der Krankheitslast bei RSV liege bei Kindern unter sechs Monaten, sagte er. Sie hätten ein besonders hohes Hospitalisierungsrisiko. Diese Gruppe könne bereits durch die passive Immunisierung von Neugeborenen und jungen Säuglingen und die aktive Impfung von Schwangeren, die bislang allerdings noch nicht von der STIKO empfohlen wird, geschützt werden.

„Entsprechend ist die Dringlichkeit einer aktiven Kinder-RSV-Impfung bei gesunden Säuglingen nicht so hoch.“ Kinder mit Risikofaktoren erkranken aber auch jenseits der Säuglingszeit potentiell schwer an RSV. Der Stopp einiger Impfstoffstudien sei daher zwar ein Rückschlag mit Blick auf Kinder zwischen 1 und 5 Jahren. Aber es seien weitere Impfstoffe in der Pipeline, die davon nicht betroffen seien.

fri

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